Magenoperation – Abnehmen auf die leichte Art?

Von vielen Leuten hört man immer mal wieder, dass man sich durch die Magenoperation, in meinem Fall ein Magenbypass, das Leben einfach leicht macht.

Man sei doch nur zu faul um eigenständig ab zu nehmen und hätte sich den einfachen Weg ausgesucht.

Komplikationen und Spätfolgen

Wenn ich das höre bin ich immer sehr zwiegespalten. Auf der einen Seite hat derjenige, der das sagt recht. Auf der anderen Seite hat er einfach keine Ahnung wovon er redet.

Ich habe mich zu einer riskanten Operation entschieden, die mit vielen Komplikationen einhergehen kann. Diese Entscheidung trifft man nicht leichtfertig, weil man sich gerade mal zu dick fühlt und kein Bock auf eine Diät oder Ernährungsumstellung hat.

Seit ich 13 Jahre alt bin versuche ich abzunehmen. Ich habe alles ausprobiert. Dazu habe ich hier schon etwas geschrieben. Jetzt bin ich 31. Ich hatte Schmerzen. Ich litt unter meinem Übergewicht, sowohl psychisch als auch physisch.

Die Entscheidung für die Magenoperation habe ich nicht von heute auf morgen getroffen. Ich habe sehr lange überlegt, mich informiert und in Foren und Gruppen mitgelesen. Dort habe ich auch von vielen Komplikationen und Spätfolgen gelesen und musste mich damit auseinander setzen, dass mir das auch passieren könnte.

Den meisten geht es bestens nach der Magenoperation und Komplikationen oder Spätfolgen treten gar nicht auf. Aber es gibt auch den kleinen Prozentsatz von Leuten bei denen einiges schief geht oder die sogar, nach einiger Zeit, wieder zunehmen und fast ihr ursprüngliches Gewicht erreichen.

Trotz meiner Kenntnis über mögliche Komplikationen oder Spätfolgen war mein Leidensdruck so gross, dass ich diese OP als meine letzte Chance sah endlich ab zu nehmen. Ich habe nach aussen hin nie gezeigt, wie sehr ich unter meinem Gewicht gelitten habe. Der einzige, vor dem ich es offen gezeigt habe, war mein Mann. Sonst habe ich immer so getan, als wäre es ja nicht so schlimm.

Ich habe mich oft selbstbewusster gegeben, als ich in dem Moment war. Ich war immer schon sehr selbstsicher aber jetzt, wo ich so viel Gewicht verloren habe, bin ich sogar noch selbstsicherer geworden. Wenn ich im Nachhinein drüber nachdenke, war meine Selbstsicherheit oftmals nur aufgesetzt.

Nach dieser Magenoperation wacht man mit sehr starken Schmerzen auf. Es wurde ja schliesslich viel in einem rumgeschnitten. Man hat bis zu acht Operationswunden am Bauch und bereut erstmal, was man da getan hat. Wenn alles gut aussieht darf man nach 3 -6 Tagen nach Hause gehen und ist erstmal bis zu vier Wochen krank geschrieben. Das Essen und Trinken muss man neu lernen und man muss die Signale seines Körpers erstmal verstehen lernen.

Hunger und Sattsein äussert sich plötzlich ganz anders als vorher. Man weiss teilweise gar nicht, ob man Hunger hat und muss sich ans Essen erinnern. Auch das Trinken fällt den meisten sehr schwer. Da auch nur wenig Flüssigkeit in den verkleinerten Magen passt. Flasche ansetzen und ein paar kräftige Schlucke nehmen ist nicht mehr drin.

Dumpings und Schmerzen

Wenn man Pech hat verträgt man, nach einer Magenoperation, einige Lebensmittel nicht oder nur noch sehr schlecht. Man muss auf seinen Zuckerkonsum aufpassen und auch eine Essensreihenfolge einhalten.

Ich habe von einigen gehört, denen es verboten wurde Zucker zu sich zu nehmen. Ich denke, dass ist von Adipositaszentrum zu Adipositaszentrum sehr unterschiedlich. Mir wurde gesagt, ich soll meinen Zuckerkonsum einschränken und wenn möglich ganz darauf verzichten. Aber ein Stück Schokolade nach dem Essen liegt allemal drin.

Wenn man sich noch nicht so gut mit dem neuen Magen auskennt, kann es vorkommen, dass man ein sogenanntes Dumping bekommt oder Schmerzen nach dem Essen hat. Dumping- was ist das? Hier kannst du lesen was ein Dumping ist.

Ich habe am Anfang keinen Reis vertragen und esse ihn auch jetzt nur sehr weich und matschig gekocht. Ich hatte extreme Schmerzen, nachdem ich Reis, das erste mal seit der Op, gegessen hatte und habe danach erst einmal eine Weile Abstand davon gehalten.

Auch ein Dumping durfte ich schon erleben. Wirklich keine schöne Erfahrung. Herzrasen, Schweissausbrüche an Stellen, von denen ich nicht wusste, dass man dort so stark schwitzen kann und Übelkeit. Mitten in der Nacht, mit einem Puls von 100-120, aufzuwachen ist wirklich erschreckend.

Abnehmen geht schnell

Ja, die Abnahme geht rucki-zucki. Jedenfalls in den meisten Fällen. Allerdings ist es eben NICHT leicht.

Man muss sich an soviel neue Dinge gewöhnen. Man kann nicht mehr viel essen (was super ist, das wollte man ja bezwecken), muss Essen und Trinken trennen, man muss sehr langsam essen und gründlich kauen. Im Restaurant schafft man nicht mal eine Kinderportion und man muss sich häufig rechtfertigen oder erklären, warum man denn schon aufhört zu essen.

Jedes Zwicken im Bauch und jedes Piksen macht einen Nervös. Hat man eine innere Hernie? Ist irgendwas gerissen? Ist eine Naht aufgegangen? Spinnt die Galle?

Alles Sachen die passieren können.

Bei mir war es leicht

Ich muss sagen, in meinem Fall war es wirklich der „leichte“ Weg. Bis jetzt, jedenfalls. Toi Toi Toi.

Ich hatte bisher so gut wie keine Probleme. Ein oder zwei Dumpings, ab und zu leichte Magenschmerzen, wenn ich doch mal eine Gabel zu viel gegessen habe. Aber im Grossen und Ganzen ging meine Abnahme reibungslos und schnell. Nach 6 Monaten hatte ich mein Zielgewicht erreicht und nach 8 Monaten mein heimliches Wunschgewicht.

Ich musste zwar noch einmal operiert werden, aber das waren nur zwei kleine Verwachsungen im Bauchraum, die mir ein wenig Schmerzen gemacht haben. Halb so wild.

Ich muss mich auch nicht zusammenreissen beim Essen. Ich bin froh, dass ich nur noch wenig essen kann. Das habe ich mir ja immer gewünscht. Auch Süssigkeiten kann ich essen und muss mich nicht zügeln, da mir ein paar kleine Stückchen Schokolade reichen und ich nicht den Drang habe die ganze Tafel zu essen.

Gesundes Essen mag ich plötzlich. Wenn man mir früher die Wahl zwischen einem Döner und einem Caesars Salad gegeben hat, hätte ich den Döner nicht liegen lassen. Heute nehme ich freiwillig, ohne mich zum gesunden Essen zwingen zu müssen, den Salat. Am besten noch mit gebratenen Putenstreifen für die Proteine.

Es ist nicht immer so

Bei mir war es ein leichter Weg, wenn man das so sagen will. Aber nicht bei jedem läuft alles so reibungslos und glatt. Vielen macht es psychische Probleme den Teller nicht leer essen zu können oder anderen beim Weiteressen zusehen zu müssen, weil man selbst nichts mehr schafft.

Andere haben Schmerzen, ständig Dumpings, Magenentzündungen und und und. Manche vertragen so gut wie nichts mehr und haben dadurch eine sehr eingeschränkte Essens Auswahl. Es gibt auch Fälle, bei denen die Abnahmen nicht stoppen will und die dadurch ins Untergewicht rutschen.

Notoperationen wegen Darmverschlüssen und Darmverschlingungen. Magendurchbruch, Magengeschwüre und Gallenkoliken sind auch möglich und schon oft genug vorgekommen.

Und trotz dieses Wissens, entscheiden sich Leute für solch eine Magenoperation. Ich finde, daran sieht man doch, wie gross der Leidensdruck ist und, dass es eben doch kein einfacher Weg ist.

Liebe Grüsse,

Jessi

4 Kommentare

  • Giovanna

    Liebe Jessica, Du hast so recht. Ich fieber noch auf die OP hin und hoffe, dass es bald soweit ist. Auch ich mache mir Gedanken wie manche wohl darüber denken und kommentieren werden. Ich bin auf alles gefasst. Doch es ist mein Weg, mein Körper und vor allem meine Gesundheit. Darum will ich diesen Weg.
    LG Giovanna

    • JessicaHassler

      Hallo Giovanna. Schön, dass du dir da sicher bist und deinen Weg gehst, egal was andere sagen. So ist es richtig. Es ist dein Leben und du musst glücklich sein, nicht die anderen. 🙂 Viel Glück und Erfolg auf deinem Weg. LG Jessi

  • Stefanie Selbst

    Liebe Jessi, danke für diesen tollen Beitrag.
    Du hast genau zusammengefasst um was es da eigentlich geht.
    Ich selbst habe noch keine Operation bekommen, aber befinde mich jetzt schon auf dem Weg zur Bypass Op.
    Ich habe Monate wenn nicht sogar Jahre gewartet bis zu diesem Schritt.
    Sehr lange habe ich hin und her überlegt, hatte immer Angst vor den „möglichen“ Komplikationen, dachte mir :
    So eine OP das machen ja nur die „ganz stark übergewichtigen“…
    das werde ich allein schaffen… so schlimm ist es gar nicht…
    dann kann ich ja nichts mehr essen gehen… und und und..

    Ich habe die Entscheidung dann immer wieder weg geschoben weil ich einfach Angst hatte „der Wahrheit“ ins Auge zu blicken.
    Ich gebe mich nach aussen stark und selbstbewußt und fröhlich, aber in Wirklichkeit hab ich schon immer wieder so viele Einschränkungen gehabt durch mein Gewicht, so viele kleine Probleme im Alltag und leide seelisch wie mittlerweile auch körperlich unter dem hohen Gewicht.

    Aber bis ein Mensch zu dieser Erkenntnis kommt, dauert es sehr lange und Ich glaube nicht das sich ein Mensch einer doch so drastischen OP unterzieht, weil es jetzt gerade Mode ist, oder er es sich leicht machen möchte. Wer das behauptet der hat nie das Thema Adipositas hinterfragt und der hat einfach nur viel Meinung und wenig Ahnung.

    Danke und LG Steffi aus Wien

    • JessicaHassler

      Hallo Steffi. Du sagst es; viel Meinung und wenig Ahnung 🙂
      Aber im Grunde ist das ja mit allem so, wenn man sich nicht auskennt oder, wie wir, selbst darunter leidet. Es freut mich, dass dir mein Beitrag gefällt. Ich wünsche dir auf deinem Weg viel Glück und Erfolg. Melde dich doch mal wenn du operiert bist und sag bescheid wie es dir geht. Würde mich freuen. LG Jessi

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